PEDROS WELT: WAS DEM MOTOGP™-AUSNAHMETALENT DURCH DEN KOPF GEHT

In den zahlreichen Artikeln und Kommentaren zur MotoGP-Silly Season 2024 darf ein Name nicht fehlen: Pedro Acosta. Und das hat einen guten Grund. Erfahre mehr über die Denkweise des 19-Jährigen, die ihn so schnell so weit gebracht hat.

Von Adam Wheeler

„Als Kind mochte ich es nicht, hinter anderen zu sein… Also habe ich immer nach Möglichkeiten gesucht, andere Fahrer so schnell wie möglich zu überholen.” ~ Pedro Acosta, 2023 PC: Polarity Photo

Aki Ajo hat in seinen zwei Jahrzehnten im Grand-Prix-Rennsport eine Vielzahl von jungen Motorradtalenten gefördert und in ihrer Entwicklung unterstützt, aber nur wenige hatten so viel Potenzial wie Pedro Acosta. Es ist schon bezeichnend, dass der Spanier als „once in a generation“ Athlet bezeichnet wird, obwohl er sich mit seiner Nationalität in bester Gesellschaft befindet und Namen wie Pedrosa, Lorenzo, Mir und Marquez neue Maßstäbe im Rennsport gesetzt haben.

Warum ist der Rennfahrer des Red Bull KTM Ajo-Teams also in aller Munde? Der offensichtlichste Grund sind seine Erfolge. Als dieser Artikel verfasst wurde, hat er gerade einmal 44 Grands Prix bestritten (nur zweieinhalb Saisons in der Weltmeisterschaft). Bei ganzen 19 davon (sowohl in der Moto3™ als auch in der Moto2™) errang er einen Podiumsplatz, darunter 13 Siege, und einen Weltmeistertitel: 2021 holte er sich als Neuling den Moto3 Weltmeisterschaftstitel. Er verfügt über eine unfassbar schnelle Auffassungsgabe, dank der er geradezu durch seinen zweiten Versuch beim Red Bull MotoGP Rookies Cup 2020 gerauscht ist. Bei seinem GP-Renndebüt 2021 wurde er Zweiter und gewann dann die nächsten drei Rennen in Folge.

Der junge Neuling Acosta gewann im Jahr 2021 mit Hilfe von Aki Ajo die Moto3™ Weltmeisterschaft PC: Polarity Photo

Nachdem er 2022 in die Moto2 aufgestiegen war, benötigte er nur sieben Starts, um das schnellere, schwerere und fortschrittlichere Motorrad zu beherrschen, bevor er wieder auf der Siegesstraße unterwegs war. Bei einem Trainingsunfall brach er sich den linken Oberschenkelknochen, humpelte sich aber zurück ins Geschehen und gewann noch vor Ende der Saison weitere Rennen. 2023 hat er bisher nur zweimal einen Platz auf dem Moto2-Podest verpasst.

Hinter den Ergebnissen und seinem jugendlichen Esprit verbirgt sich ein echtes Arbeitstier und ein scharfsinniger Pilot. Acosta weiß, dass er ein hohes Ansehen genießt, ist aber dennoch zurückhaltend und bescheiden geblieben. Ganz im Gegensatz dazu strotzen seine Auftritte auf der Rennstrecke nur so vor Energie und Einfallsreichtum. Er hat eine natürliche Begabung für Balance, Koordination, Strategie sowie ein Gefühl für die Grenzen und Möglichkeiten eines Motorrads. Man muss sich nur ansehen, wie er verschiedene Linien angreift oder alternative Ansätze ausprobiert und wie er mit unbeirrbarem Einsatz in ein Überholmanöver geht.

Ein Gespräch mit Pedro ist kein Zuckerschlecken. Er hat nicht nur im Englischen einen starken Akzent, sondern auch im Spanischen, in dem wir dieses Interview führen, da er aus der Region Murcia stammt. Es ist also nicht immer ganz einfach, den jungen Mann zu verstehen. Dennoch ist er ein offener und aufmerksamer Gesprächspartner mit wachem Blick und einem muskulösen, aber dennoch drahtigen Körperbau. Uns fällt auf, dass seine Augen viel heller sind, als sie im Fernsehen wirken. Acostas Aufstieg kam so schnell, dass viele zwar bestens über seine Statistiken Bescheid wissen, ihn als Person jedoch kaum kennen. Daher liefern wir euch einen exklusiven Einblick in seine Gedanken und Philosophie, während er vor seinem 20. Geburtstag die Moto2-Krone und die Teilnahme an der MotoGP anpeilt.

Ein einzigartiger Athlet hinterlässt seine Spuren in der Moto2™-Klasse PC: Polarity Photo

Ich schätze, alle wichtigen Sportler glauben, dass sie die Besten der Welt sind … Folglich muss auch ich das glauben. Es ist wichtig davon überzeugt zu sein, dass wenn jemand anderes eine Sache erreichen kann, ich das auch kann. Ich finde nicht, dass diese Überzeugung die eigene Persönlichkeit radikal verändern muss. Selbstvertrauen bedeutet nicht, dass man nicht mehr bescheiden sein kann. Viele verwechseln Selbstvertrauen mit Arroganz, aber das ist letztendlich nur eine Frage der Einstellung, der Geisteshaltung. Eine Geisteshaltung ist so etwas wie ein Gefühl, das man vermitteln möchte. Er muss nicht unbedingt damit zusammenhängen, wer man eigentlich ist.

Der Aufbau einer Mentalität hängt stark von den Ergebnissen ab und davon, wie du dich fühlst … Kein Tag ist einfach, auch nicht für die Elite-Jungs. Wenn ein Fahrer, der viele Rennen und Titel gewonnen hat, sich verletzt und wieder zurückkämpft, um zu gewinnen, dann zeigt sich darin seine Mentalität. Sie schimmert durch.

Das größte Problem [in dieser Welt] ist, zu wissen, wozu du fähig bist, und dann den Druck zu spüren, den du dir selbst machst, um deine Ziele zu erreichen … Und wenn sich der gewünschte Erfolg dann nicht einstellt, und das kommt oft vor, ist man enttäuscht. Daher ist es wichtig, zu wissen, was man kann, aber auch langfristig zu denken und nicht zu vergessen, dass diese ganze Sache [der Sport] wie eine Achterbahnfahrt ist. Es gibt Höhen und Tiefen. Man kann nicht nur an morgen denken. Es ist wichtig, dass du Vertrauen in dich selbst hast, dabei aber entspannt bleibst.

Nach nur wenigen Versuchen auf dem neuen und fortgeschrittenen Motorrad gelingt es Acosta, den Sieg zu erringen – bereit für die zweite Hälfte der Saison 2023 PC: Polarity Photo

Als Kind mochte ich es nicht, hinter anderen zu sein … Also habe ich immer nach Möglichkeiten gesucht, andere Fahrer so schnell wie möglich zu überholen.

In der Moto3 habe ich viel mit einem Motocross-Bike trainiert, und bei jeder Runde schien sich die Strecke stark zu verändern. So kam ich an einen Punkt, an dem ich schnell entscheiden musste, was ich als Nächstes tue … Daher kann ich mich heute rasch auf viele Situationen einstellen. Das hat mir sehr geholfen, Selbstvertrauen zu entwickeln und mir zu sagen: ‚Sieh mal, du hast es einmal geschafft, du kannst es ohne Probleme ein zweites Mal schaffen.‘ Ich glaube, dass Menschen, die nicht viel auf dem Motorrad trainieren, dies übersehen. Es ist sehr einfach, Abläufe zu automatisieren, anstatt das zu tun, was zur Verbesserung wirklich notwendig ist. Als professioneller Rennfahrer musst du mit einem Bike trainieren. Ganz gleich, welches Bike du fährst. Motocross mag extrem sein, aber ich weiß, dass es einige Straßenrennfahrer gibt, die fast nie auf ein Bike steigen. Für mich wäre das wirklich schwierig, denn Fahren ist für mich nicht wirklich ‚Arbeit‘. Du musst jede Trainingseinheit und jeden Moment auf dem Motorrad genießen und dich daran erinnern, dass du als Kind immer genau das machen wolltest!

Ich glaube, das Wichtigste [am Rampenlicht] ist es, natürlich zu sein … Es scheint, als sei die ganze Welt darauf bedacht, korrekt zu sein, und manchmal fehlt uns der entscheidende Funke. Aber um der Fans und deiner selbst willen solltest du nicht versuchen, jemand zu sein, der du nicht bist. Sei, einfach du selbst, das macht dir das Leben leichter. Das ist etwas, das ich aus meinem ersten Jahr bei der Weltmeisterschaft mitgenommen habe. Ich glaube, ich habe mich im Umgang mit Sponsoren und in Sachen Image stark verbessert. Ich bin professioneller geworden, und Leute wie Aki und einige Medienvertreter haben mir geholfen, zu verstehen, dass auch diese Seite zum Rennsport dazugehört.

 

Pedro Acosta spürt die Grenzen und zeigt sein Talent für Balance und Koordination PC: Polarity Photo

Man muss verstehen, dass nicht jeder Tag ein Freudentag ist … Vor einem Jahr hätte ich noch gesagt: ‚Wie, das wird nicht mein Tag? Dann versuche ich doch, ihn zu meinem Tag zu machen!‘ Die Wahrheit ist jedoch, dass man oft nichts dagegen tun kann. Wenn man weiter vorausschaut, erkennt man, dass eine Meisterschaft viel mehr wert ist als ein Rennen. Wenn du dir also an einem Wochenende auf die Zunge beißen und einen zweiten Platz hinnehmen musst, dann ist das eben so. Es dreht sich alles nur um das Endziel: den Titel. Diese Erkenntnis kommt, wenn man als Fahrer reifer wird.

Ob ich zu jung bin für die MotoGP™? Ich weiß es nicht. Ich betrachte mich immer als sehr jung! Ich glaube, KTM ist eine junge Marke in der MotoGP. Sie hat jedoch in sehr kurzer Zeit einen weiten Weg zurückgelegt, und man findet hier große Experten und Expertenmeinungen. Mit ihrer Hilfe werde ich zweifellos die richtige Entscheidung treffen.