EX(C)ZELENTE ERGEBNISSE: ZWEI WELTMEISTER SETZEN NEUE MASSSTÄBE

Außergewöhnlich, emotional, unglaublich – drei Wörter, die die WM-Triumphe von Manuel Lettenbichler und Josep Garcia aus dem Red Bull KTM Factory Racing Team am besten beschreiben. Die Wahrscheinlichkeit, dass beide Fahrer auf ihren völlig neuen KTM EXC-Motorrädern ihre Ziele erreichen, rückt immer näher. Anlass für uns, die Titelträger der FIM-Hard Enduro- bzw. der FIM-Enduro1-Weltmeisterschaft 2023 einmal näher vorzustellen.

Von FullGasCreative

Manuel Lettenbichler bei der Attacke am letzten Anstieg des Hixpania Hard Enduro – auf dem Weg zum Meisterschaftssieg. PC: Future7Media

Manuel Lettenbichler ist kein Kind von Traurigkeit. Nicht nur ist er ein überaus talentierter Rennfahrer, sondern aufgrund seiner fröhlichen Art auch bei den Fans sehr beliebt. Mani tritt in die Fußstapfen seines Vaters Andreas, der ebenfalls Hard-Enduro-Rennfahrer und Testfahrer für KTM war, und hat sich mittlerweile selbst als einer der besten Enduro-Fahrer auf diesem Planeten etabliert. Ungeschlagen, mit einem Rekord von sechs von sechs gewonnenen Rennen, demonstriert der 25-Jährige in dieser Saison unabhängig vom Rennformat seine herausragende Form. Zu seinen Siegen zählen extrem herausfordernde Rennen wie das Red Bull Erzbergrodeo und die Red Bull Romaniacs.

Rückblickend auf das vorletzte Rennen der sechs Runden umfassenden Serie, das Hixpania Hard Enduro in Spanien Mitte Oktober, erklärte Mani, dass die Atmosphäre zwar unglaublich, die Strecke aber extrem anspruchsvoll war. Wie ein echter Krieger schüttelte das KTM-Ass eine weitere Klasseleistung aus dem Ärmel und erreichte den Schlussanstieg als Erster. Der Champion hatte sogar genug Zeit, seine eigene Leistung zu würdigen: Schließlich übertraf er mit diesem Sieg unter dem Red Bull-Bogen den bisherigen Rekord für aufeinanderfolgende Rennsiege im Hard Enduro und sicherte sich die FIM-Hard-Enduro-Weltmeisterschaft 2023. Nachdem ihm der zweite WM-Titel in Folge nicht mehr zu nehmen war, erklärte ein emotionaler Mani zunächst, „sprachlos“ zu sein, ehe er ergänzte: „(Es war) ein wirklich hartes Jahr, aber alles lief so perfekt. Ich stand auf jeden Fall unter Druck. Der fünfte Sieg in Folge und damit der WM-Titel. Dass es tatsächlich geklappt hat, macht mich sprachlos.“

Manuel Lettenbichler – zum zweiten Mal in Folge FIM Hard Enduro Weltmeister PC: Future7Media

Einige Tage nach dem Rennen und mit etwas mehr Zeit für einen Rückblick auf die bisherige Saison erklärte Lettenbichler: „Einen weiteren Titel zu gewinnen, ist einfach überwältigend. Ich kann mich nicht beschweren, würde ich sagen! Das Jahr verlief insgesamt ziemlich gut. Ich bin auf jeden Fall zufrieden mit meinen Ergebnissen und super glücklich mit dem Team und der Arbeit die jeder einzelne geleistet hat. Am Jahresanfang haben wir viele Stunden in Tests investiert, und das hat sich definitiv ausgezahlt. Es war ein verrückt gutes Jahr mit unglaublichen Höhepunkten wie dem erneuten Sieg bei den Romaniacs, und fünf Siegen in Folge – einfach unglaublich. Ich hätte das nie erwartet. Bei einigen Rennen hatte ich auch nicht das Gefühl, dass es so kommen könnte. Das ist schon etwas Einzigartiges, und vielleicht wird es sogar eine perfekte Saison beim Getzen Rodeo. Einfach wird es nicht aber wir werden sehen.“

In Erinnerung an den mit aufeinanderfolgenden Titeln verbundenen Druck erklärte Mani, wie schwer es ist, mit diesen Erwartungen umzugehen, selbst wenn man in absoluter Topform ist. Doch der Deutsche hat es gut gemeistert und kann nun das letzte Rennen des Jahres bereits als Champion genießen.

Lettenbichler nimmt mit seiner KTM 300 EXC TBI der neuen Generation das felsige Terrain beim Xross in Serbien in Angriff. PC: Future7Media

„Ich spürte einen riesigen Druck. Weniger wegen des WM-Titels im letzten Jahr, sondern stärker aufgrund der Ergebnisse in diesem Jahr, denn wenn man anfängt, jedes Rennen zu gewinnen, steigt die Erwartungshaltung immer mehr. Die Jungs glauben daran, dass du gewinnen wirst, und die Fans erwarten es. Da immer wieder rauszugehen, sein Bestes zu geben und dann auch wirklich zu gewinnen, ist nicht einfach. Die Situation nach dem letzten Rennen war für mich ziemlich emotional. Ich hatte davor kaum trainieren können, war ein bisschen krank und es war viel los. Danach war ich einfach nur überwältigt.“

Danach zog Mani los, um die sechs voll zu machen. Bei der Heimrunde, dem Getzen Rodeo in Deutschland gewann er auch das letzte Rennen der Saison.

„In diesem Jahr hatten wir ein neues Bike, auf dem ich mich gut fühle. Es ist auf jeden Fall anders als das, was wir zuvor hatten, man hat ein anderes Fahrgefühl. Sechs von sechs zu gewinnen ist einfach verrückt. Ich habe nicht damit gerechnet, dass es so ein gutes Jahr wird. Nach dem Sieg in Getzen, meinem Heimrennen und dann auch noch zum vierten Mal in Folge, war ich einfach überwältigt. Da war einiges an Druck da, aber wir haben es wirklich gut gemanaged. Ich bin sprachlos darüber, wie diese Saison gelaufen ist – sie hat sich als perfekt herausgestellt. Es war so cool vor den Fans, der Familie und meinen Freunden diese Saison beim Getzen Rodeo genau so zu beenden“, sagt Lettenbichler abschließend über das Saisonfinale.

Mani feiert diese unglaubliche Saison beim Getzen Rodeo. PC: Future7Media

Der WM-Sieg stärkt auch das Vertrauen in die neue Einspritztechnik der KTM 2-Takt-Enduros. Vor nicht allzu langer Zeit galt der Zweitakter – vor allem aufgrund seiner Emissionen – als „Technik von gestern“ und wurde von einigen Herstellern ausgemustert. Doch nun erlebt er als leistungsstarkes Kraftzentrum für Enduro-Bikes eine Renaissance. Der Retter dieser Technik bei KTM war das 2018 eingeführte TPI-System (Transfer Port Injection). Dieses System wurde bei der neuen Generation durch die TBI (Throttle Body Injection) ersetzt, die für ein besseres Fahrgefühl und Ansprechverhalten sorgt. Für 2023 war die gesamte KTM Enduro-Baureihe grundlegend überarbeitet worden. Dass Mani auf seiner KTM 300 EXC TBI sofort erfolgreich war, ist ein Beweis für die kontinuierliche technische Weiterentwicklung des österreichischen Herstellers, bei dem man offenbar ziemlich genau weiß, was es braucht, um auf höchstem Niveau zu fahren. Nicht unerwähnt bleiben sollte auch, dass der kanadische Rennfahrer Trystan Hart in dieser Saison einige Podestplätze in der Hard Enduro-Serie erreicht hat.

„Ich bin sehr stolz darauf, Mani und Josep in unserem Team zu haben – wir sind alle sehr stolz. Er hat alle sechs von sechs Rennen gewonnen, das ist unglaublich. Garcia war sehr schnell. Zu Beginn der Saison hat er einige Rennen gewonnen, dann hat er sich verletzt, doch als er zurückkam, hat er alles gewonnen. Zwei Titel auf völlig neuen Motorrädern, einem 2-Takter und einem 4-Takter. Für den Moment sind wir einfach wunschlos glücklich“, sagt Fabio Fairoli, der KTM Enduro Team Manager.

Siegesfeier mit Fabio (links) und dem Team – Garcia voller Freude über seinen dritten FIM E1-Weltmeistertitel. PC: Future7Media

Doch die Arbeit endet nie. Selbst mit zwei Titeln in der Tasche hatte Mani direkt nach dem in Spanien errungenen fünften Sieg in Serie bei der Hard Enduro-Weltmeisterschaft zwei intensive Testtage – denn nach dem Rennen ist bekanntlich vor dem Rennen, und eine kontinuierliche Weiterentwicklung ist wichtig.

„In dieser Saison hatten wir völlig neue Motorräder. Doch sie kamen definitiv READY TO RACE aus der Produktion und waren bereit, Rennen zu gewinnen. Natürlich haben wir noch etwas an der Feinabstimmung gearbeitet, um das Motorrad an die persönlichen Vorlieben der Fahrer anzupassen. Doch die Basis war gut. Jetzt arbeiten wir weiter an der Entwicklung und wechseln für die FIM-SuperEnduro-Weltmeisterschaft, die mit dem 4-Takt-Bike in der Halle stattfindet, wieder die Disziplin. Wir haben das Bike mit Mani direkt nach dem Rennen in Spanien getestet, was viel verlangt war, nachdem er vorher ein Rennen gefahren ist und auch noch zum fünften Mal in Serie gewonnen hat. Aber es zeigt auch wie ernst wir es nehmen, uns ständig weiterzuentwickeln. Und wir wissen, dass unsere gesamte Arbeit im Rennsport letztendlich in die Serienmotorräder einfließt. Allerdings war Mani nach diesen Tagen ziemlich geschafft! Zunächst hat es etwas gedauert, ehe sich die Fahrer an die neue 2-Takt-Kraftstoffeinspritzung gewöhnt hatten. Doch mit diesem System haben wir ein sehr gutes Niveau erreicht, und die TBI hat uns noch einen Schritt weiter gebracht“, ergänzt Fairoli.

Garcia nimmt in Portugal auf seiner KTM 250 EXC-F der neuen Generation einen felsigen Anstieg in Angriff. PC: Future7Media

Auf der KTM 250 EXC-F hatte Josep Garcia eine unglaublich herausfordernde Saison. Der Wechsel auf die kleinere Maschine von der KTM 350 EXC-F erforderte, dass der Spanier die nötige Arbeit investierte, um sich auf das neue Motorrad vorzubereiten, das ebenfalls für dieses Jahr komplett neu gestaltet wurde.

„Zunächst musste ich mich an das neue Motorrad gewöhnen, aber nach den Tests im Winter hatten wir recht schnell eine gute Basiseinstellung. Ich hatte sehr schnell das gute Gefühl, dass man mit diesem Motorrad stärker an die Grenzen gehen kann, viel stärker als mit dem Vorgängermodell. Ich mag es sehr. Zwar bin ich auf die 250er umgestiegen, aber ich fahre gerne aggressiv, daher passt dieses Bike ebenfalls sehr gut zu mir. Für mich ist es ein rundum gutes Motorrad, mit dem wir dieses Jahr viel erreicht haben“, sagt Garcia.

Nach einem zweiten und einem ersten Platz in der E1-Klasse beim GP in Italien gelang Garcia bei seinem Heimrennen in Spanien ein Doppelsieg, den er in Finnland wiederholen konnte. Das Rennwochenende in Schweden verlief bittersüß: Auf seinen ersten EnduroGP-Gesamtsieg der Saison am Samstag folgte am Sonntag ein unglücklicher Schlüsselbeinbruch. Trotz der danach notwendigen Operation arbeitete der Spanier hart, um sich für die letzten Rennen der Saison zu erholen, bei denen er eine überragende Leistung zeigte. Nach zwei Podestplätzen in der E1-Klasse in der Slowakei sicherte sich der 26-Jährige an allen vier Tagen der letzten beiden GPs Doppelsiege in der EnduroGP- und der E1-Klasse und holte damit die E1-Weltmeisterschaft, seinen dritten WM-Titel. In der EnduroGP-Klasse wurde er letztlich Vizeweltmeister. Mit den von ihm und Mani errungenen Titeln steigt die Gesamtzahl der Enduro-Weltmeistertitel von KTM auf beeindruckende 129.

Garcia gewinnt seine dritte FIM Enduro Weltmeisterschaft in Portugal. PC: Future7Media

„Garcia war mit Sicherheit einer der beeindruckendsten Fahrer in der EnduroGP. Nach seiner Verletzung hat er alle vier Tage gewonnen. Das war für mich der absolute Höhepunkt und zeigt, wie belastbar er ist und wie gut er mit dem Motorrad zurechtkam“, sagt Fairoli.

Garcia erklärt das so: „Seit dem Beginn der Saison war es mein Ziel, sowohl um den EnduroGP, als auch um den E1-Titel zu kämpfen. Die Saisonvorbereitung verlief recht gut. Nach meinem Wechsel in die 250er-Klasse und dem Umstieg auf ein neues Motorrad habe ich hart gearbeitet, doch die ersten paar Tage der Meisterschaft waren schwierig, weil ich nicht so weit vorne landete, wie ich es mir gewünscht hätte. Danach haben das Team und ich weiter hart gearbeitet. Wir haben kleinere Änderungen an dem Motorrad vorgenommen, und bis zu meinem Unglücks-Wochenende in Schweden waren wir auf einem guten Weg. Doch glücklicherweise kamen wir sehr stark zurück. Es ist ein wahrgewordener Traum, den dritten Weltmeistertitel in Folge zu gewinnen. Nach diesem harten Jahr mit meinem Wechsel in die 250er-Klasse und der Verletzung den E1-Titel zu gewinnen, war einfach großartig.“

Ein hartes Jahr für Garcia – doch er kämpfte und blieb auf die letzte Runde fokussiert. PC: Future7Media

Derzeit ist das Konkurrenzniveau sehr hoch! Die zehn besten Fahrer sind allesamt schnell, aber ich denke, dass vier von uns noch einen Schritt weiter sind. Wir alle fahren jeden Tag am Limit, bei jeder einzelnen Testfahrt, in jeder Kurve. Um der Beste zu sein und um den Titel zu kämpfen, muss man jeden Tag alles geben“, ergänzt der spanische Rennfahrer.

Fabio erklärt, dass 2023 ein außerordentlich emotionales und unglaubliches Jahr war, das seinen krönenden Abschluss beim Getzen Rodeo fand, als Mani auch noch das letzte Rennen für sich gewinnen konnte und somit eine perfekte Saison hinlegte. Sein Teamkollege Garcia kann sich noch auf die International Six Days Enduro am 6. November in Südamerika  freuen – ein Rennen, bei dem er in den letzten beiden Jahren die Gesamtwertung gewonnen hat. Man darf sicher sein, dass er auch auf seiner neuen 2023 Red Bull KTM Factory Racing EXC-F den Sieg anstreben wird. Viel Glück, Jungs!