Ein Star in Orange, ein Star des Magazins

Der 61-jährige ehemalige Rennfahrer und Ingenieur Wolfgang Felber ist aus der modernen KTM-Geschichte nicht mehr wegzudenken. Im Rahmen einer Reportage für das KTM-Magazin LIMITLESS haben wir mit Wolfgang darüber gesprochen, welchen Einfluss er auf das Unternehmen hatte.

Von Adam Wheeler

Wolfgang Felber ist ein Name, den jeder Orange Bleeder kennen sollte. PC: Phillip Platzer

Wolfgang Felbers tiefe, langsame Stimme bringt ein bassiges Lachen hervor. „Haha! Gute Frage. Ich erinnere mich nicht mehr. Ich habe aber definitiv irgendeinen Preis bekommen ...“ antwortet er auf unsere Frage, ob man ihm zu seinem 40-jährigen Dienstjubiläum bei KTM eine goldene Uhr geschenkt hat. Sein Lachen weicht einem wehmütigen Blick. „Ich habe am 15. März 1982 bei dieser Firma angefangen. Dieses Datum werde ich nie vergessen. Das ist jetzt 42 Jahre her. Damals war ich 20.“

Der Name „Felber“ ist im letzten Jahrzehnt häufig im KTM BLOG aufgetaucht. Sein Schreibtisch steht im Motorsport-Gebäude des Unternehmens, und er wird für sein Wissen und seinen ausgewogenen Blick auf den Rennsport sehr geschätzt – unabhängig von der Serie oder der Technik. Er war maßgeblich an der Fahrwerksentwicklung für das MotoGP™-Projekt beteiligt, das die mit Abstand größte Investition des Unternehmens darstellt, hat aber auch viel mit WP Suspension zusammengearbeitet und in seiner Anfangszeit an einer Reihe von Serienmodellen mitgewirkt. So war z. B. die unvergessliche KTM RC8 sein „Baby“. 

Die KTM RC8 R auf der Rennstrecke, 2010. PC: KTM

Wir interviewten Wolfgang für einen Sonderartikel im Rahmen des Magazins zum 70. Jubiläum, das seit dem Sommer 2024 bei autorisierten KTM-Händlern und online erhältlich ist. Bei unserem halbstündigen Gespräch sprach er über die Veränderungen bei KTM: vom Konkurs zum Boom, zu einer absoluten Größe im Rennsport mit mehr als 340 FIM-Titeln und zu Europas größtem Hersteller. Er erzählt uns auch von seiner Zusammenarbeit mit der F&E, die sich von einer kleinen Gruppe zu fast 1.000 Experten und mit bekannten Rennsportgrößen wie Dani Pedrosa, Jeremy McWilliams und anderen weiterentwickelt hat. „Um ehrlich zu sein, kommt es mir so vor, als wäre das Unternehmen in meinen 42 Jahren vom Mittelalter in die Neuzeit gewechselt“, sagt er mit fast glänzenden Augen. „All die Arbeitsabläufe und Entwicklungswerkzeuge, die man heutzutage hat, haben sich gewaltig verändert.“

Felber zeigt das Innenleben seines Babys der KTM RC8 R. PC: KTM

Das Interview, das in den Räumen der KTM Motohall geführt wurde, ist umfassend und fesselnd. Es zeigt uns eine herrlich menschliche Verbindung zu einigen der einzigartigen und glänzenden Modelle, die um uns herum stehen. Für ihn als Ingenieur ist die MotoGP™ immer noch motivierend und spannend. Die fortschreitende Entwicklung, die Aerodynamik und die endlose Suche nach kleinen Innovationen oder hohen Leistungssteigerungen bringen seine grauen Zellen auf Hochtouren. Eine Idee zu haben, sie auszuprobieren und positive Ergebnisse zu erwarten, gehört für den Österreicher einfach zum Leben dazu.

„Tatsächlich führt nicht alles, was man berechnet und simuliert, unbedingt zu einem richtigen Produkt“, verrät er uns. „Ein Motorrad ist ein hochdynamisches Fahrzeug. Mit Analysen kann man einen Teil davon untersuchen und herausfinden, wie es sich in einer Runde verhält. Die endgültige Bestätigung, also die Wahrheit, zeigt sich erst auf der Strecke. Ich habe das schon oft erlebt. Wenn etwas von Anfang an nicht funktioniert oder kein Potenzial vorhanden ist, liegt man meist einfach falsch! Wenn man etwas auf den Weg bzw. die Strecke bringt, lautet die große Frage: Ist es ein gutes Baby oder ein schlechtes Baby?“

Sein umfangreiches Wissen ist überall gefragt, auch bei den Tech Talks in der KTM Motohall zusammen mit Alex Hofmann. PC: KTM

Da muss man dann auch sein eigenes Ego hinterfragen, oder? „Das muss man in der Designentwicklung ständig. Man kann sich irren. Man kann auch richtig liegen, aber zum falschen Zeitpunkt. Dafür gibt es genügend historische Beispiele. Das Konzept der Entwicklung von Rennmotoren und Zylindern gibt es bereits seit 1912; so entstand der 4-Ventil-Doppelnockenmotor. Diese Idee verschwand jedoch eine ganze Weile wieder in der Mottenkiste, weil es noch keine Fertigungstechnologie gab, um sie richtig umzusetzen. Es war die richtige Idee, aber zu früh! Es ist also auch eine Frage des Timings.“

Ein Bereich, der in den letzten Jahren Fahrt aufgenommen hat, ist die Aerodynamik. Sie sorgt für die größte Veränderung an der aktuellen KTM RC16. Bevor die Streben und Winkel an der Verkleidungsform, Sitzbank und Frontpartie des Rennmotorrads deutlicher hervortraten, half Felber bei der Entwicklung des Fahrwerks und dann beim Übergang zu einer Carbonversion, die 2023 zum ersten Mal auf der Strecke zu sehen war. „Wir haben das Fahrwerkskonzept 2020 massiv verändert und seitdem eine tiefgreifende Entwicklung durchgemacht“, sagt er. „Der Grundgedanke ist aber mehr oder weniger gleich geblieben.“ 

Mit Dani Pedrosa hat Felber einen kompetenten Mitentwickler der KTM RC16 gefunden. PC: Rob Gray

Die SOS-Meisterschaft in Straubing, 1990: 'Fewo' lag vor seinem Teamkollegen Josef Frauenschuh, aber zwei Runden später verlor er das Rennen aufgrund von technischen Problemen. PC: KTM.

Es gab ein Endziel. „Unsere Arbeit ist nie wirklich abgeschlossen, aber wenn wir auf diese drei Jahre zurückblicken, haben wir die richtige Richtung eingeschlagen, um das Motorrad vielseitiger, kontrollierbarer und weniger anspruchsvoll für den Fahrer zu gestalten“, erklärt er. „Natürlich werden diese Vorteile etwas von der aerodynamischen Entwicklung überschattet, aber daran führt eben kein Weg vorbei. Man muss so viel aerodynamische Entwicklung wie möglich reinstecken, um das Motorrad wettbewerbsfähiger und schneller zu machen, aber dadurch wird es auch ... ich würde nicht unbedingt sagen schwieriger zu kontrollieren, aber Fahrer müssen es auf eine andere Weise nutzen und steuern. Sauberer, um den größten Nutzen daraus zu ziehen.“

Die RC16 aus Carbon war dennoch ein großer Schritt, vielleicht der größte seit 2020. „Das Layout ist immer noch ähnlich wie die Stahlrahmen, ist aber mit der neuesten Carbontechnologie ausgestattet“, sagt er. „Ich habe das Projekt beaufsichtigt und geleitet, doch den entscheidenden Beitrag haben ein paar sehr clevere Jungs von KTM Technologies in Salzburg Anif geleistet, da sie sich bereits gut mit dem Design und der Herstellung von Carbonfasern auskannten. Das ist das Gute bei KTM: Man findet für fast alle Aufgaben jemanden im KTM-Universum, der auf diesen Bereich spezialisiert ist, und man bekommt großartige Hilfe!“

Dank seines ausgeprägten Talents, Probleme zu lösen, ist Felber im gesamten Rennprogramm von KTM sehr gefragt. So bleibt er auf dem Laufenden und geht motiviert alle Herausforderungen an, um an der Spitze des Wettbewerbs zu bleiben. „Ich komme aus der alten Schule und bin wie der Auslöser von Kettenreaktionen“, erklärt er lächelnd seine Rolle. „Ich war an der Entwicklung von Offroad-, Straßen- und Straßenrennrädern für die Rennstrecke und Serienproduktion beteiligt und glaube, dass es Vorteile hat, wenn man das Wissen von einer Disziplin auf die andere übertragen kann. Das ist nur positiv. Ein Motorrad ist ein Motorrad, und wenn ich ein 450-cm³-Motocross-Motorrad und ein MotoGP™-Motorrad vergleiche, tauchen die gleichen Probleme auf. Es sind beides übermotorisierte Fahrzeuge mit so viel Leistung, dass sie sich wie verrückt drehen. Es ist nur so, dass jedes eine andere Geschwindigkeit und einen anderen Grip bietet. Die Aufgabe ist immer die gleiche: Man muss die Leistung auf die Strecke übertragen. Diese allgemeine Regel gilt für verschiedene Bikes.“

Dann wird „Fewo“ wieder in der Werkstatt verlangt. Seine Freizeit verbringt er damit, alte Projektmotorräder wie die RC8 zu restaurieren, aber er arbeitet auch an einem Umbau des KR MotoGP™-Bikes mit KTM-Motor aus dem Jahr 2005, für die er einige sehr seltene Teile benötigt. Ein einzigartiges Motorrad für einen einzigartigen Mann.

Haltet Ausschau nach dem Sondermagazin zum 70. Jubiläum von KTM, das in gedruckter oder digitaler Form HIER und bei authorisierten KTM-Händlern erhältlich ist.